Staatsführung mit der Brechstange
Copyright: Dennis Stompfe, MÄHREN AG

Staatsführung mit der Brechstange

Der völlige Verlust von Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, Planungssicherheit und Vertrauen.

Die Stimmung in Deutschland ist mittlerweile am Boden. Man könnte fast meinen, die Politik wendet sich gegen Ihre eigenen Bürger und Unternehmen im Land. Der Konsens der Planbarkeit und Verlässlichkeit ist längst aufgekündigt worden. Stattdessen bestimmen Schwarzweißdenken, Ideologie und Bevormundung das politische Geschehen.

Es geht nicht mehr um die sachlich beste Lösung und vor allem nicht um das grundsätzliche Ziel, wie Deutschland vorankommt und seine Bürger besser leben können, sondern um das brachiale Durchsetzen der Weltanschauung einer kleinen Elite. Es gibt Dutzende von Politikfeldern und Gesetzen als Beispiel dafür, dass das komplette Gegenteil von dem gemacht worden ist, was Wirtschaft und Menschen aktuell brauchen. Doch mein Anliegen sind nicht nur die konkreten Inhalte, sondern die Art und Weise, wie Politik betrieben wird und welche Folgen sie hat. Mein Fazit vorweg: Es gibt keinerlei Planungssicherheit, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit mehr. Für uns Bürger ebenso wenig wie für Unternehmen. Was wir erleben, ist im Grunde ein komplettes Defizit an Planbarkeit und ein Verlust nachvollziehbarer Leitmotive für unser Land. Das Vertrauen in die Politik ist erschüttert.

„Es gibt keine Planungssicherheit mehr. Es geht nicht mehr um das Wohl der Gesellschaft und unserer Wirtschaft. Das Vertrauen in die Politik ist erschüttert.“

Denn es dreht sich bei politischen Weichenstellungen nicht mehr um das Wohl der Gesellschaft und unserer Wirtschaft. Sonst würde sich mitten im Multi-Krisen-Modus – Corona, Krieg, Wirtschaftskrise, Explosion von Zinsen und Inflation, Rekordpleiten und unkontrollierte Einwanderung – momentan alles dem unterordnen, was Kosten senkt und das Leben vereinfacht.

Beispiel Steuerpolitik: Vor ein paar Tagen musste das Regierungsbündnis in Berlin selbst eingestehen, dass Deutschland als Steuerstandort international nicht mehr konkurrenzfähig ist. Die Steuerquote für Unternehmen lag 2021 durchschnittlich bei 29,8 %, in der Spitze - auch in Berlin – sogar bei 35 %. Im Vergleich von 33 Industriestaaten ist das der dritthöchste Wert. Die so wichtige internationale Wettbewerbsfähigkeit ist damit auf dem Abstellgleis. Auch der notwendige Zuzug von Berufsexperten wird erschwert: Ein-Personen-Haushalte in Deutschland tragen unter allen weltweit verglichenen Industrieländern die zweithöchste Steuerlast.

Stichpunkt Wohnungspolitik: Ich als Immobilienunternehmer stehe fassungslos vor einer Politik, die erbarmungslos Bauen und Vermieten verteuert – anstatt das Gegenteil zu tun. Ganz Deutschland leidet unter Wohnungsnot und hohen Mieten – die ebenfalls vielfach durch den Staat verursacht worden sind. Trotzdem wird bei Bürokratie, Vorschriften, Steuern und Mieterschutz (der nur jene „schützt“, die bereits drin sind) immer noch einer draufgesetzt. Nach Berechnungen des Branchenspitzenverbandes ZIA sind 37 % des Kaufpreises von Immobilien auf direkte staatliche Abgaben und Anforderungen zurückzuführen. Ein Drittel geht also an den Staat, dessen Vertreter am nächsten Tag wieder über böse Baulöwen und Vermieter schimpfen.

Unternehmer sind frustriert, gehen pleite oder verlassen das Land

In anderen Wirtschaftsbereichen, beispielsweise unserer fehlgeleiteten Energiepolitik, ist es ebenso. Zynisch könnte man fast sagen, es gibt doch eine Planungssicherheit – nämlich, dass immer der für die Sache teuerste oder komplizierteste Weg gewählt wird. Wo hat sich denn in den vergangenen zehn Jahren etwas durch grundlegende politische Entscheidungen zum Besseren gewendet?

Wie um alles in der Welt kann man mitten in der vielleicht schlimmsten Wirtschaftskrise der Bundesrepublik weiter die Daumenschrauben anziehen und brutal ein Heizungsgesetz durchboxen, das Millionen von Hausbesitzern und Vermietern vor finanziell unlösbare Aufgaben stellt? Statt alle Kostenfaktoren auf ein Minimum zu reduzieren, werden horrende Investitionen verordnet. Der Bestandsschutz für vorhandene Heizungen ist dabei nicht viel wert: Denn wer seine Gasheizung behält oder jetzt noch eine einbaut, dem werden von den regierenden Parteien Preissteigerungen für ihren Energieträger angedroht – für die überwiegend der Staat verantwortlich ist, wie etwa die CO2-Steuer.

In anderen westlichen Industrieländern wird alles dafür getan, die Bürger zu entlasten und die Wirtschaft international konkurrenzfähiger zu machen. Bei uns werden mit völlig überzogenem Eifer neue Regularien eingeführt. Und damit nicht genug. Im Windschatten des Heizungsgesetzes kommt aus Brüssel eine Sanierungspflicht für Gebäude – mit noch schlimmeren finanziellen Konsequenzen. Natürlich obendrauf. Für Privatbesitzer, die glaubten, nach 30 Jahren sei ihr Häuschen abbezahlt, bedeutet dies neben dem finanziellen Desaster einen gigantischen Vertrauensbruch, möglicherweise für immer. Für die Immobilienwirtschaft wiederum ist dies ein weiterer monströser Kostenfaktor, der die Mieten steigen – oder gar alles zusammenbrechen lässt. Neue Wohnungen werden kaum noch gebaut. Weil es sich nicht lohnt, weil man keine Lust mehr hat und die Segel streicht, weil man mindestens 18 Euro Miete pro Quadratmeter nehmen muss, um bei Neubauten kostendeckend zu vermieten. Das ist das Ergebnis der Willkür-Politik ohne jedes Maß.

Das Klima wird nicht nur in Deutschland gerettet

Hinzukommt: Viele im Grundsatz notwendigen Anstrengungen für das Klima haben keinerlei Effekt, wenn sie nur hierzulande stattfinden. Wenn Deutschland – das 37 % weniger CO2 produziert als im Jahr 1990 – morgen von der Bildfläche verschwindet, wird es null Konsequenzen für das Klima und unsere Umwelt haben. In China gehen stattdessen im Wochentakt neue Kohlekraftwerke ans Netz. Bei uns werden Plastikstrohhalme verboten. In Nepal wird der Müll einfach vor die Tür oder in den Fluss geworfen und landet so in Indien, wo ein ordentlicher Teil des Abfalls, der nicht ins Meer schwimmt, einfach verbrannt wird – sodass wiederum Nepals Hauptstadt Kathmandu permanent im Smog versinkt. Dort wird unsere Welt hauptsächlich gerettet, nicht in deutschen Heizungskellern, wo mit Milliardenaufwand ein nicht messbarer Anteil des weltweiten CO2-Ausstoßes vermieden wird.

Die heimische Wirtschaft ist zutiefst frustriert – und nicht einmal Bundeskanzler Olaf Scholz oder FDP-Chef Christian Lindner gebieten dem Einhalt. Doch Unternehmer, Mittelständler und Konzerne benötigen eine klare Planbarkeit, die über Wahlperioden hinausgeht. Dieses unausgesprochene Übereinkommen – und damit das Urvertrauen in den schützenden Staat – wurde bereits unter Angela Merkel aufgekündigt. Jetzt, mit drei Parteien in der Regierung, die nicht richtig miteinander können, scheint alles aus dem Ruder zu laufen. Dabei leben Wirtschaft wie Bürger von sicheren Strukturen, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit. Genauso wie ein Mitarbeiter auf mich als Unternehmer bauen kann, dass er am Monatsanfang seine Miete bezahlen kann, weil ich ihm pünktlich das Gehalt bezahlt habe. Ich komme auch nicht ständig mit absurden Ideen um die Ecke; etwa, dass wir ab morgen ein Getreidehändler sind. So sprunghaft agiert aber die Politik. In einer Tour passiert Ungeheuerliches, so dass die Businesspläne ganzer Branchen über den Haufen geworfen werden. Die weltweite Konkurrenz lacht sich ins Fäustchen.

Politische Brechstange statt Fels in der Brandung

Statt mit der Brechstange zu agieren – und dies an allen Ecken gleichzeitig, von der EU hinunter bis in die Bundesländer und Städte – ist es in anspruchsvollen Zeiten umso wichtiger, dass die Regierung ein Fels und ein Leuchtturm in der Brandung darstellt. Wir wollen wissen, was vom Prinzip her morgen, übermorgen und überübermorgen die Regel ist. Und nicht eines Tages aufwachen, weil die Abrissbirne über uns schwebt und den Wohlstand von Generationen im Handumdrehen vernichtet.

„Der ideologiegetriebene Stil unserer Politik muss sich grundlegend ändern, sonst schlittern wir in die wirtschaftliche Katastrophe und die Abrissbirne vernichtet den Wohlstand von Generationen im Handumdrehen.“

Der ideologiegetriebene Stil unserer Politik muss sich grundlegend ändern, sonst schlittern wir in die wirtschaftliche Katastrophe. Wir haben jetzt schon einer der höchsten Steuer- und Abgabenlasten der Welt. Trotzdem traktiert uns die Politik nahezu täglich mit neuen Steuererhöhungsideen.

Die Politik überfordert die Bürger und vor allem die Leistungsträger, von denen immer mehr das Land verlassen. Eine Aufbruchstimmung, die wir dringend bräuchten, ist nicht vorhanden. Dazu bräuchten wir positive, verständnisvolle und optimistische Signale aus Berlin. Stattdessen haben die Leute Angst, dass ab nächstem Jahr ein Heizungskommissar vor der Tür steht und den super funktionierenden Ölkessel stilllegt. Wenn ich als Unternehmer morgen mein Geschäft übergeben würde, würde nichts vollständig anders gemacht. Es wird immer einen roten Faden geben, der auf mich zurückgeht.

Umweltschutz ist eine sehr wichtige und zentrale Herausforderung, aber nicht ausschließlich zulasten der Wirtschaft und der Menschen. Weltweit sind wir überhaupt nur deshalb noch halbwegs relevant, weil wir die viertgrößte Wirtschaftsnation sind. Von der Bevölkerungszahl her sind wir mittelprächtig, politisch bringen wir wenig und militärisch gar nichts auf die Waage. Nur aufgrund unserer Wirtschaftsstärke, die von uns Bürgern erzeugt wird, können wir international noch etwas mitreden – um auf diesem Weg einen kleinen Teil dazu beizutragen, dass die Welt nicht aus den Fugen gerät. Wir erreichen aber das komplette Gegenteil, wenn wir uns selbst kaputt reglementieren und Unternehmen und der Gesellschaft keine Verlässlichkeit, Planungssicherheit und kein Vertrauen mehr bieten.



Weniger Ideologie, 20. Dezember mehr sachorientierte Entscheidungen, die nicht an Visionen, sondern auf der Wahrnehmung der Realitäten basieren wären wünschenswert!

Sebastian Große

✅ Wir helfen Ihnen mit vermieteten Immobilien zu mehr Vermögen, Sicherheit und Zeit.

6mo

Der Artikel trifft es genau auf den Punkt.

Wolfgang Chmiel

You ever try to be friendly, frank and the first

7mo

Ein zweites Mal gelesen. Der Beitrag findet immer noch meine Zustimmung. Danke dafür

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Michael Pfirschinger

Lebe lieber leidenschaftlich mit Gut beraten und viele Menschen vertrauen dir ein Leben lang.

9mo

Kann man aus der Luft das CO2 extrahieren? Ja es gibt Technologien wie Direct Air Capture (DAC), die es ermöglichen, CO2 aus der Luft zu extrahieren. Dabei wird das CO2 mithilfe spezieller Filter oder chemischer Verfahren aus der Atmosphäre gesammelt. Das erzeugte CO2 kann dann in verschiedenen Anwendungen verwendet werden, wie beispielsweise zur Herstellung von synthetischen Kraftstoffen oder zur Speicherung. Allerdings ist die Stromerzeugung aus dieser CO2-Extraktion ein separater Prozess und erfordert Schritte, wie zum Beispiel die Verwendung erneuerbarer Energiequellen, um den Strom zu erzeugen.

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